01 Januar

Zulässigkeit von Postwurfsendungen

I. Das Praxisproblem
Jeder dürfte die Postwurfsendung "Einkauf Aktuell" kennen, welche jeweils am Samstag bundesweit, an alle Haushalte verteilt wird.

Es handelt sich um eine mit einem kleinen redaktionellen Teil versehene Fernsehzeitung und um diverse Werbeprospekte. Die Postwurfsendung ist dabei in eine Plastikhülle eingeschweißt. Für viele Empfänger ist die Postwurfsendung ein Ärgernis und wird als Belästigung empfunden.

Eine ganze Reihe von Empfängern derartiger Postwurfsendungen setzen sich gegen den Erhalt derartiger Werbung zur Wehr. Demzufolge stellt sich für Werbetreibende als Praxisproblem die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Werbung mit Postwurfsendungen rechtlich zulässig ist.

II. Die Entscheidung
Soweit der potentielle Empfänger der Postwurfsendung durch einen Aufkleber auf seinen Briefkasten zu erkennen gegeben hat, er wolle keine Werbesendungen erhalten, ist der Sachverhalt einfach. Ein derartiger Wunsch ist zwingend zu beachten. Wird unter Missachtung dieses Wunsches gleichwohl Werbung zugestellt, kann der Werbende notfalls durch ein Gericht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.


Wie ist allerdings zu verfahren, wenn an dem Briefkasten kein Hinweis darauf angebracht ist, dass keine Werbung erwünscht ist, der potentielle Empfänger der Werbung aber dem werbenden Unternehmen unmittelbar mitgeteilt hat, er wünsche keine Werbung zu erhalten?

Das Landgericht Lüneburg vertritt hierzu die Auffassung, es könne insoweit nichts anderes gelten. Auch dieser Wunsch sei zwingend zu beachten. Das Interesse des einzelnen am Schutz seiner Individualsphäre habe grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse eines Unternehmens an Werbung. Es stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Empfängers dar, wenn dieser entgegen seines ausdrücklich erklärten Willens dazu gezwungen wird, sich mit der Werbung auseinanderzusetzen und die unerwünschte Werbung dann auch noch entsorgen muss.

Das Landgericht Lüneburg ließ in dem dort entschiedenen Falle auch das Argument des werbenden Unternehmens nicht gelten, die Werbung stelle lediglich eine zu vernachlässigende Belästigung des Empfängers dar. Auch das Argument, es sei mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand und hohen Kosten verbunden, einzelne Empfänger von einer Postwurfsendung auszunehmen, akzeptierte das Gericht nicht. Es gebe kein Anrecht eines Unternehmens auf eine besonders kostengünstig und effektive Werbung.

Folgerichtig untersagte das Landgericht es dem werbenden Unternehmen bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € dem dortigen Kläger weiterhin die Postwurfsendung zuzustellen.

III. Die Praxisempfehlung
Bei der Entscheidung des Landgerichtes Lüneburg handelte es sich um eine Entscheidung in einem Berufungsverfahren. Das Landgericht hatte wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Beklagte hat aber – aus gutem Grund – davon abgesehen, Revision zum Bundesgerichtshof einzulegen. Die Entscheidung des Landgerichtes Lüneburg wäre aller Voraussicht nach bestätigt worden. Es gibt also weiterhin keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, wie verfahren werden muss, wenn ein potentieller Empfänger einer Postwurfsendung ausdrücklich erklärt, er wünsche diese nicht.


Für die Praxis bedeutet dieses, dass die unmittelbare Aufforderung eines Empfängers von Werbung an das werbende Unternehmen ihm keine Werbung mehr zuzusenden beachtet werden muß. Wenn Sie keine Postwurfsendungen eines Unternehmens mehr erhalten wollen, fordern Sie das Unternehmen unter Fristsetzung dazu auf die Zusendung von Werbung zu unterlassen. Wird diese Aufforderung mißachtet, können Sie das Unternehmen gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
 

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Dr. Alexander Puplick, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Dr. Thorsten Olav Lau, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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